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» Die betriebliche Alters­vorsorge (bAV) – und Ihre Tücken

» Die betriebliche Alters­vorsorge (bAV) – und Ihre Tücken

Die betriebliche Alters­vorsorge (bAV) gilt als eine der Säulen, auf denen die private Alters­vorsorge aufgebaut ist. Wie jetzt, privat oder betrieblich?

Bei der bAV unterstützt Sie einerseits der Arbeitgeber und andererseits der Staat. Diese Form der privaten Rentenversicherung läuft über Ihre Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung. Daher betrieblich.

Die Zeiten in der die bAV als reines „Lohnkostensenkungsprogramm“ missbraucht wurde, sind glücklicherweise vorbei. Die dabei eingesparten Sozialversicherungsbeiträge kann der Arbeitgeber inzwischen nicht mehr in die eigene Tasche stecken. Er muss sich heute mit mindestens 15% an der bAV beteiligen.

In der Regel läuft die bAV nämlich so ab, dass Sie auf einen Teil Ihres Einkommens verzichten. Vom Brutto werden dann z. Bsp. 100 EUR abgezwackt und in eine Direktversicherung überwiesen. Das ist die meistverbreitete Form der bAV. Die Beiträge werden direkt vom Lohn oder Gehalt in eine Rentenversicherung überwiesen.

Da die 100 EUR vom Brutto abgezogen werden, fallen für diesen Betrag keine Sozialversicherungsbeiträge an. Das sind für Sie rund 20%. Die 100 EUR werden Sie am Ende der Lohn- oder Gehaltsabrechnung, also beim Netto, nur mit 80 EUR „spüren“. Aber es geht noch weiter.

Da auch der Arbeitgeber rund 19% an Sozialversicherungsbeiträgen spart, muss er davon mindestens 15% an Sie weitergeben. Das regelt inzwischen das Betriebsrentenstärkungsgesetz, kurz BRSG.

So vermindern sich die 80 EUR nochmals auf nun netto 65 EUR.

Zusätzlich verlangt der Staat auf diese 100 EUR, die Sie von Ihrem Brutto-Einkommen über Ihren Arbeitgeber in eine bAV überweisen lassen, keine Lohn- bzw. Einkommensteuer. Diese Steuer hängt natürlich von der Höhe des Einkommens und der Steuerklasse ab. Gehen wir in diesem Beispiel mal von 20% aus.

Im Ergebnis „kostet“ Sie die bAV mit monatlich 100 EUR am Ende, also netto, nur 45 EUR. Lassen wir’s rund die Hälfte sein.

Rechnerisch also eine tolle Sache. Aber aufgepasst:

Wenn Sie später Ihren wohlverdienten Ruhestand genießen wollen und dabei eine Rente aus der bAV erhalten, ist diese dann mit Ihrem vollen persönlichen Steuersatz zu versteuern. Zusätzlich müssen Sie nach heutigem Stand auch volle Beiträge an die Gesetzliche Kranken­ver­si­che­rung abführen. So geht also ein spürbarer Teil der vorher dargestellten Vorteile wieder verloren.

Sie erhalten außerdem eine geringere gesetzliche Rente. Und auch im Krankheitsfall oder gar im Fall einer Arbeitslosigkeit sind Ihre Ansprüche aufgrund der bAV geringer. Sie haben durch die Umwandlung eines Teils Ihres Brutto-Einkommens ja nun ein geringeres Einkommen. Aus diesem errechnen sich aber die vorgenannten Leistungen.

All das will berücksichtigt sein. Und hoffentlich wurden Sie hierüber auch informiert, als Sie Ihre bAV abgeschlossen haben.

Leider kann es aber noch schlimmer kommen.

Denn obwohl Sie einen Teil IHRES Einkommens in eine bAV investieren, bestimmen nicht Sie, wohin IHR Geld geht. Das bestimmt der Arbeitgeber. Und im schlimmsten Fall bei jedem Arbeitgeberwechsel auf’s Neue.

Der eine Arbeitgeber macht die bAV nur bei seiner Bank. Der andere nur mit der „Pfefferminzia“. Egal, ob Ihnen das nun passt oder nicht. Hat der Arbeitgeber gar ein eigenes „Versorgungswerk“ ist es ohnehin praktisch ausgeschlossen, die bAV zum neuen Arbeitgeber mitzunehmen.

Das soll zwar mit der bAV grundsätzlich möglich sein, wird aber in der Praxis einfach so gut wie nicht gemacht. Verlassen Sie sich daher nicht auf Aussagen von wegen, „das können Sie dann bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes mitnehmen“. Dass Sie das „können“ heißt leider noch lange nicht, dass dies der neue Arbeitgeber oder dessen Partner zur bAV dann auch für Sie umsetzt. Das funktioniert in der Praxis noch nicht einmal zwischen allen Versicherungen.

Ich halte es schon seit Jahren für ein großes Ärgernis, warum der Gesetzgeber nicht dafür sorgt, dass SIE entscheiden, was mit IHREM Geld geschieht. Und zwar egal bei welchem Arbeitgeber Sie tätig sind. Dann würden sich für die bAV sicher sehr viel mehr Arbeitnehmer:innen und Angestellte interessieren.

Allzu lange kann es aus meiner Sicht nicht mehr dauern, bis Arbeitnehmer:innen und Angestellte gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber einen Prozess anstrengen. Nämlich wenn diese feststellen, dass sie beim Abschluss der bAV, die sie selbst nicht frei wählen durften, nicht über alle Nachteile aufgeklärt wurden. Oder dass eine andere Versicherung einen wesentlich höheren Wert erzielt hätte.

Etwas anderes ist es natürlich, wenn der Arbeitgeber eine bAV zusätzlich zum Lohn bzw. Gehalt spendiert. Also wenn Sie selbst nichts von Ihrem Einkommen umwandeln. In diesem Fall halte ich es für nachvollziehbar, dass der Arbeitgeber entscheidet, was mit dem Geld geschieht. Wenn Sie aber zwei oder drei Mal in Ihrem Berufsleben den Arbeitgeber wechseln und dann mit der bAV immer wieder von vorne anfangen müssen, wird das Thema rechnerisch leider schnell zu einem "schlechten Geschäft". Zumindest für Sie.

Was davon abgesehen eine bAV aber in jedem Fall haben muss, ist ein „vernünftiger“ garantierter Rentenfaktor. Und natürlich keine „Treuhänderklausel“. Siehe hierzu nochmals unter » Die bessere Alters­vorsorge. Auch diese Punkte könnten am Ende des Tages zu Streitereien zwischen dem Arbeitgeber und ausgeschiedenen Arbeitnehmer:inn bzw. Angestellten führen.

Daran ändert auch ein von der Allianz in Auftrag gegebenes Gutachten nichts. Auf das verweist unter anderem gerne das „Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP)“. Dieses Institut bewertet auf der Grundlage dieses Allianz-Gutachtens gerade die Allianz fast immer als die beste Versicherung.

Gerade weil die Allianz einen der niedrigsten Rentenfaktoren bietet, soll diese so gut sein. So die Argumentation. Dabei gehört die Allianz sogar zu den Anbietern, die auch bereits laufende Renten kürzt.

Aus Sicht eines Aktionärs mag das positiv sein. Sie dürften mit Ihrer Rentenversicherung aber wohl andere Ziele haben.

Last but not least gehört zu einer guten bAV auch immer eine Beitragsfreistellung im Falle einer Berufs­unfähig­keit. Nur so werden Ihre Beiträge auch dann weiterbezahlt, wenn Sie aufgrund Unfall, Krankheit oder Kräfteverfall nicht mehr arbeiten können. Sonst müssten Sie diese Beiträge auch noch selbst bezahlen. Neben dem dann ohnehin schon viel niedrigeren Einkommen.

Warum für mich allerdings eine Berufs­unfähig­keitsrente (BU) nur als Sonderlösung in die bAV gehört, erkläre ich unter » Berufs­unfähig­keitsversicherung - Brauch ich das?